
Marianne Brandt, Kaffee- und Teeservice,1924. Photo: Lucia Moholy-Nagy. Silber, Messing und Ebenholz. Das für die Bauhaus-Weberin Marli Ehrmann ausgeführte Set ist aufgrund der eingesetzten Materialien und der handwerklichen Qualität in seiner Ausführung die wertvollste Arbeit, die je in der Metallwerkstatt produziert wurde. Grundlegend für die Form ist die Verwendung von Kreis bzw. Kugel.
Die goldenen Zwanziger. Deren optimistisches Zeitgefühl spiegelt dieses raffinierte Produktensemble, das man sich auf dem Tisch eines mondänen Berliner Cafés vorstellen kann. Das Kaffee- und Teeservice ist ein wirkliches Meisterstück, obwohl Marianne Brandt damals noch Studentin war. Als exklusiver Einzelauftrag gefertigt – die wohl aufwändigste und kostbarste Arbeit, die je in der Metallwerkstatt entstand – war es ein nobles Flaggschiff für die Fertigungskapazitäten der Werkstatt. Die formale Uneinheitlichkeit zwischen Kugel und Zylinderformen ist ihrer Zeit Jahrzehnte voraus, ebenso wie die bewusst disparate Kombination eigentlich miteinander unverträglicher Materialien. Neusilber und Messing treten in Gegensatz zum Ebenholz. Da ist die Serie Tea & Coffee Piazza von Alessi aus den achtziger Jahren gar nicht weit, und man versteht, woher sie ihre Anregung bekam. Im Übrigen hatte Alessi Brandts Service kurz zuvor in sein Programm aufgenommen, gefertigt aus 925er Silber mit Griffen aus Ebenholz. Es kostet ca. 22.000,- Euro, also etwa das gleiche wie die ein Jahr später auf den Markt gebrachten Piazza-Service von Michael Graves, Robert Venturi, Hans Hollein und anderen.
Marianne Brandt war bei weitem die Designpersönlichkeit am Bauhaus, die am elegantesten Formen generierte und damit auch den Bogen schlug zwischen den Formrevolutionen zu Anfang des Jahrzehnts und den exzentrischen „Roaring Twenties“. Anklänge an den russischen Konstruktivismus, den Pariser Art déco oder den holländischen De-Stijl-Stil werden dabei deutlich.
aus: Bernd Polster/ Volker Fischer: bauhaus design. Die Produkte der Neuen Sachlichkeit, 2009